(1) Verlegt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen einen Fluggast in eine höhere Klasse als die, für die der Flugschein erworben wurde, so darf es dafür keinerlei Aufschlag oder Zuzahlung erheben.

(2) Verlegt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen einen Fluggast in eine niedrigere Klasse als die, für die der Flugschein erworben wurde, so erstattet es binnen sieben Tagen nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten

a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger 30 % des Preises des Flugscheins oder

b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km, mit Ausnahme von Flügen zwischen dem europäischen Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und den französischen überseeischen Departements, und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km 50 % des Preises des Flugscheins oder

c) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen, einschließlich Flügen zwischen dem europäischen Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und den französischen überseeischen Departements, 75% des Preises des Flugscheins.

I. Allgemeines

1    In Art. 10 VO wird die Verlegung eines Fluggastes in eine andere als der gebuchten „Klasse“ geregelt. Dies kann sich z.B. ergeben, wenn der Flug in der gebuchten Klasse überbucht wurde oder wenn einem Fluggast nach Art. 8 Abs. 1 VO eine „anderweitige Beförderung zum Endziel“ angeboten wird, und auf diesem Flug kein Sitzplatz in der gebuchten Beförderungsklasse mehr frei ist. In solchen Fällen dürfen dem Fluggast durch eine Verlegung in eine andere Klasse aber keine finanziellen Nachteile entstehen. Anders verhält es sich aber, wenn die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 lit. a VO nicht vorliegen, z.B. wenn sich der Passagier nicht rechtzeitig zur Abfertigung einfindet. Wird dieser dann doch noch als Passagier angenommen, aber nur noch in einer niedrigeren als der gebuchten Klasse, weil (nach Annahme von auf der Warteliste stehenden Fluggästen) in der gebuchten Beförderungsklasse kein Sitzplatz mehr frei ist, kann er sich nicht auf Art. 10 VO berufen (so auch: Hausmann, Europäische Fluggastrechte, S. 334).

2    Mit dem Begriff „Klasse“ ist die Beförderungsklasse (First Class, Business Class, Comfort Class oder Economy Class) gemeint, nicht die (i.d.R. mit Buchstaben gekennzeichnete) „Buchungsklasse“ (Tarifklasse) innerhalb einer Beförderungsklasse, an die bestimmte Bedingungen wie Vorausbuchungsfrist, Mindestaufenthalt, Umbuchungsmöglichkeit etc. geknüpft sind (z.B. A = Discount First, C = Business Full Fare, D = Discount Business, F= Full fare First, J = Full Fare Business, interlinefähig, N = PAD, P = Economy, S = Discount Eco, usw.).

II. Höherstufung (upgrade)

3    Gemäß Art. 10 Abs. 1 VO darf für eine Verlegung in eine höhere Klasse kein Aufschlag verlangt werden, obwohl eigentlich eine Vertragsänderung vorliegt, sobald der Fluggast einer Beförderung in der höheren Beförderungsklasse zustimmt.

III. Herabstufung (downgrade)

4    Art. 10 Abs. 2 VO erfasst den Fall der Herabstufung in eine niedrigere Beförderungsklasse als gebucht. In einem solchen Fall entsteht dem Fluggast ein entfernungsabhängig gestaffelter Anspruch auf teilweise Erstattung des Flugpreises. Diese orientiert sich an den Entfernungsstaffeln des Art. 7 Abs. 1 VO, so dass je nach Flugentfernung 30 % des Preises des Flugscheines, 50 % oder 75 % des Preises des Flugscheines von dem ausführenden Luftfahrtunternehmen zurückzuzahlen sind, je nachdem, ob es sich um einen Flug über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger, um einen Flug zwischen 1.500 km und 3.500 km oder um einen Flug über 3.500 km hinaus handelt. Damit ist nicht die Preisdifferenz zwischen der gebuchten und der niedrigeren (tatsächlichen) Beförderungsklasse zu zahlen (so auch: Tonner, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2. Aufl. 2010), Rn. 19; Hausmann, Europäische Fluggastrechte [2012], S. 340).

IV. Die Berechnung des zu erstattenden Flugpreises

5       Für den Fall der Herabstufung eines Fluggasts auf einem Flug hat der EuGH am 22.06.2016 (Rs. C-255/15 – Mennens ./. Emirates, RRa 2016, 181) entschieden, dass für die Ermittlung der dem betroffenen Fluggast geschuldeten Erstattung der Preis des Fluges zugrunde zu legen ist, auf dem der Fluggast herabgestuft wurde. Ist ein solcher Preis auf dem (den Fluggast zur Beförderung auf diesem Flug berechtigenden) Flugschein nicht angegeben, soll auf den Teil des Flugscheinpreises abgestellt werden, der dem Quotienten aus der Länge der betroffenen Flugstrecke und der der Gesamtstrecke der Beförderung entspricht, auf die der Fluggast einen Anspruch hat (Leitsatz).

6       Weiter ungeklärt ist die Frage, wie der Erstattungsbetrag zu berechnen ist, wenn der Flugscheinpreis dem Fluggast überhaupt nicht bekannt ist. Die Antwort auf diese Frage ist aber wichtig, wenn das Downgrading auf einem Flug stattfindet, der im Rahmen einer Flugpauschalreise durchgeführt wird. In diesen Fällen wird dem Fluggast in aller Regel nicht mitgeteilt, welchen Anteil des Pauschalreisepreises auf die Luftbeförderung entfällt. In solchen Fällen wird dem Fluggast nichts anderes übrig bleiben als im Wege einer vorgeschalteten Auskunftsklage das ausführende Luftfahrtunternehmen zu zwingen, ihm mitzuteilen, welchen Preis es vom Reiseveranstalter für die Durchführung des Fluges bezahlt hat. Ein solcher Auskunftsanspruch dürfte allerdings dann ins Leere gehen, wenn das Luftfahrtunternehmen, das ursprünglich mit der Durchführung der Luftbeförderung betraut wurde, ein andereLuftfahrtunternehmen im Wege des Subcharters mit der tatsächlichen Durchführung beauftragt.

 7       Der EuGH (a.a.O.) hat ferner entschieden, dass für die Ermittlung der einem Fluggast im Fall einer Herabstufung auf einem Flug nach Abs. 2 geschuldeten Erstattung nur der Preis des reinen Fluges ohne die auf dem Flugschein ausgewiesenen Steuern und Gebühren zu berücksichtigen ist (Leitsatz 2). Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Steuern und Gebühren weder dem Grunde noch der Höhe nach von der Klasse abhängen, für die der Flugschein erworben wurde. Da viele Fluggesellschaften aber zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit mit sog. Billig-carriern häufig „Steuern“ oder „Gebühren“ angeben, die rechtlich gesehen keine sind (z.B. eine „Administrationsgebühr“ oder eine „261-Gebühr“) oder die in der angegebenen Höhe nicht angefallen (und an den Gebührengläubiger nicht abgeführt worden) sind, wird der Fluggast die vom Gesamtflugpreis in Abzug gebrachten (echten) „Steuern und Gebühren“ genau prüfen müssen, ob diese dem Grunde nach oder in der behaupteten Höhe angefallen und gezahlt worden sind. Sobald auch nur ernsthafte Zweifel an der richtigen Berechnung bestehen, sollte der Fluggast die Fluggesellschaft auffordern, diese »Steuern und Gebühren« dem Grunde und/oder der Höhe nach zu belegen. Wird das verweigert, ist eine vorgeschaltete Auskunftsklage geboten. Entstehen die Zweifel erst im Laufe eines Gerichtsverfahrens, dürfte es ausreichen, wenn der Fluggast, die von der Fluggesellschaft in Abzug gebrachten Steuern und Gebühren dem Grunde und/oder der Höhe nach bestreitet. Dann muss das Luftfahrtunternehmen konkret darlegen und beweisen, dass diese a) auf den konkreten Flug, b) in der geltend gemachten Höhe tatsächlich vom Gebührengläubiger erhoben und c) vom Luftfahrtunternehmen auch tatsächlich an den jeweiligen Gebührengläubiger abgeführt worden sind.

8       Da der EuGH sich nur mit den konkreten Vorlagefragen befassen muss, ergibt sich aus dem Urteil des EuGH leider auch kein Hinweis, wie der (Netto-) Flugpreis ermittelt werden soll, wenn dieser dem Fluggast gar nicht bekannt ist. Dieses Problem entsteht insbesondere bei Flügen, die im Rahmen einer Flugpauschalreise durchgeführt werden, bei der der Flugpreis Teil des Gesamt-Reisepreises ist und dem Fluggast vom Reiseveranstalter bewusst nicht offen gelegt wird.

Denkbar ist zwar grundsätzlich auch hier eine Auskunftsklage gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, das so gezwungen werden kann, den Flugpreis, den der Reiseveranstalter bezahlt hat, offenzulegen und Auskunft darüber zu geben, welchen (echten) Steuern und Gebühren abgeführt wurden.

Dieser Weg ist aber wohl nicht möglich, wenn das vom Reiseveranstalter beauftragte Luftfahrtunternehmen die Luftbeförderung im Wege des Subcharters durch ein anderen Unternehmen hat durchführen lassen. Dieses dürfte im Regelfall den zwischen dem Reiseveranstalter und dem ursprünglichen Luftfahrtunternehmen ausgehandelten Flugpreis nicht kennen und schon gar nicht den Anteil, den der Netto-Flugpreis am Gesamt-Flugpreis ausmacht. Das Subcharter-Unternehmen wird allenfalls mitteilen können, welchen Preis es von beauftragenden Luftfahrtunternehmen für die Ersatz-Beförderung erhalten hat. Dieser Preis dürfte aber in aller Regel nicht identisch sein mit dem Flugpreis, den der Reiseveranstalter an das von ihm beauftragte Luftfahrtunternehmen gezahlt hat. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis der BGH oder der EuGH sich auch mit dieser Frage befassen werden.

9    Für die Rückerstattung setzt die Verordnung eine Frist von 7 Tagen, wobei die in Art. 7 Abs. 3 VO bezeichneten Zahlungswege genutzt werden müssen. Letzten Endes regelt die Verordnung insoweit eine prozentuale Minderung, gerechnet auf den Preis des Flugscheins.